In eigener Sache

In den letzten 10 Jahren habe ich daran gearbeitet, Ihnen den „Senior in Thailand“ an die Hand zu geben, um Ihnen den Absprung nach Thailand zu erleichtern, um Ihnen den Schrecken (oder die Ungewissheit) vor dem fremden Land zu nehmen. Und um ihnen in leicht lesbarer Form das Land - und mehr noch die Leute - nahezubringen. Die meiste Zeit hat es mir auch Spaß gemacht, Ihnen die nötigen Informationen zu liefern, sowohl im Buch als auch auf dieser Webseite zum Buch.

Aber leider ist nichts statisch, auch wenn es bei den angenehmen Dingen eben... schön wäre.

Idylle: Zu schön um wahr zu sein.
Idylle: Zu schön um wahr zu sein.

So viele Jahre lang "Thailand" am eigenen Leib zu erfahren, da kommen Abnutzungs-Erscheinungen schon mal vor. Da vergleicht man, oft wehmütig, die Gegenwart mit der Erinnerung, also wie es einmal war. Und es schmerzt wirklich, wenn man nach so langer Zeit feststellt, viele der guten Dinge sind vorbei, vergessen,- die schlechten aber sind weiterhin da und werden mehr, und stärker.
Natürlich schmeckt mir das Thai Essen auch heute noch, natürlich gibt es auch heute noch viele wirklich nette und hilfsbereite Thais. Und natürlich ist – mit Ausnahmen – das Wetter in Thailand angenehmer als in Mitteleuropa und die Strände und Landschaften schöner als deutsche Industrielandschaften.

Aber es gibt eben auch die Tatsache, daß die Thais sich an den schlechten Vorbildern ihrer eigenen Führer ein Beispiel nehmen. Und daß diese Vorbilder sich einen Teufel darum scheren, nett und hilfsbereit zu ihren Mitmenschen zu sein. Da werden Mitmenschen über den Haufen gefahren und dann wird so getan, als ob nichts wäre, bloß weil man „Sohn aus gutem Hause“ ist. Wobei fälschlicherweise reich mit gut gleichgesetzt wird. Und das Opfer ein einfacher Mensch gewesen ist, ohne Reichtum und ohne Beziehungen, die einem gefährlich werden könnten. Da werden die wenigen Kontrollen der Gier, die es noch gibt, schleichend oder ganz brutal abgeschafft, damit die Korruption noch offener und noch ausufernder zuschlagen kann. Wer der Korruption im Wege steht, der wird „beseitigt“, egal ob es Thais vor Ort sind, die sich gegen ein Projekt wehren oder ob es Thais sind, die die Korruption aufdecken (Siehe der Abschnitt "Ausstellung echter Patrioten Thailands" auf der Seite Eindrücke). Wer an der Macht ist oder glaubt da zu sein, der schert sich auch nicht mehr darum, den Schein zu wahren. Ein Beispiel ist der ehemalige Vize-Premier, der offen behauptet, Uhren im Wert von mehreren 100.000 Euros geschenkt bekommen zu haben. Oder ein Premier, der mit einem Ermächtigungsparagraphen 44 um sich schlägt wie weiland Adolf mit den Ermächtigungsgesetzen im III. Reich.

Man wünscht den Thais wirklich, daß es eine Entwicklung gäbe, hin zu mehr Fortschritt, hin zu mehr Demokratie für alle, hin zu mehr Gleichheit für alle Menschen in Thailand, hin zu einem besseren Leben für alle. Stattdessen gibt es den alten Mist in neuen Kleidern. Und das seit vielen Jahrzehnten. Was nebenbei auch die wirtschaftliche Entwicklung des Landes behindert. Der letzte wirkliche demokratische Fortschritt war 1973 bis 1976, also echt schon lange her. Danach haben abwechselnd die Militärs und die Großindustriellen unter sich ausgemacht, wo es lang geht. Und es ist immer noch keine Besserung in Sicht. Das ist frustrierend.

Als Ausländer ist man einerseits nicht Teil des Ganzen, weil man sich jeder politischen Einmischung oder Meinung zu enthalten hat. Zum einen Teil ist das auch richtig, weil man eben nur ein „Besucher“ ist. Andererseits würde man oft gerne helfen, seinen Teil beitragen, „die Guten“ unterstützen. Aber man ist dazu verurteilt, an der Seitenlinie zu stehen und gute Miene zum bösen Spiel zu machen. So „erleidet“ man den Stillstand oder Rückschritt und wird mit der Zeit frustriert.

Neulich im Thai Parlament (2012)
Keine "Heil"-Rufe, sondern Abwehr von Wurfgeschossen im Parlament.

Und in letzter Zeit habe ich das Gefühl, die „Westler“ (im Gegensatz zu den asiatischen Ausländern) werden als Versuchskaninchen benutzt, um neue Formen der Gängelung und Kontrolle auszuprobieren. Einerseits ist die Anzahl geringer als alle 66 Millionen Thais, was die „Versuche“ leichter macht, andererseits sind die Ausländer stets auch Außenseiter, eine Minderheit, auf die man schon immer und weltweit alles Schlechte geschoben hat. Ist ja in Europa ähnlich, nicht wahr, Herr Orban. Da wird eine Datenbank unter Führung des Kriegsministers (!) entwickelt, in der alle Ausländer ständig aufgeführt werden sollen. Da sollen Bewegungsprofile erstellt werden wie in Phuket, wo die Polizei dafür warb, daß alle Ausländer ein Armband mit einem GPS-Tracker bekommen, damit man sehen kann, wo die Ausländer am liebsten shoppen gehen. Ja, klar, und morgen ist Weihnachten. Da verlangt die Ausländerpolizei, daß man bei ihnen jeden Ortswechsel meldet, der länger als 24 Stunden beträgt. Bei Unterlassung droht Geldstrafe. Da denke ich automatisch an das III. Reich und die Stasi-Zeiten. Und an George Orwell’s Buch „1984“. Die nächste Stufe ist auch leicht erkennbar, wenn man nach China schaut, wo mit Gesichtserkennung die Menschen fast ständig erfasst und verfolgt werden. Ganz extrem die Uiguren im Westen Chinas. Und dazu muß man wissen, daß z. B. In Bangkok so eine Meldung einen halben Tag braucht, bis man zur Immigration kommt, dort ansteht und dann wieder zurückkehrt. Auf dem flachen Land ist es auch nicht besser, wenn die Immigration 100 km weit entfernt ist.
Diese ganze Kontrolle, die unserem westlichen Freiheits-Ideal zuwider läuft, wird an Minderheiten wie uns  Ausländern getestet, bevor es dann auf das ganze Volk losgelassen wird. Danke bestens, wer braucht das schon,- außer den Machthabern. Denn die haben scheinbar eine unheimliche Angst vor dem eigenen Volk.

Jedes dieser Details ist für sich nur ein kleines Stückchen, aber zusammen ergeben sie ein Bild, das wenig vorteilhaft ist für Thailand. Und das meines Erachtens auch einen direkten, negativen Einfluss auf das Wohlbefindens hat. Und wenn Sie glauben, das betreffe uns Ausländer nicht, dann muß ich Ihnen widersprechen. Ausgrenzung, Gängelei bis zur Drangsalierung, das merkt man, spätestens, wenn ein Ausländerpolizist Katz und Maus mit einem spielt. Oder wenn ein „moderner“ Thai anfängt, zweierlei Preise anzusagen, wobei die Ausländer oft das Doppelte der Thais bezahlen. Sehr modern, der Mann, das ist inzwischen vielerorts „en vogue“. Und bei jedem Meinungsunterschied halten die Thais zusammen, ganz egal, wer recht hat.

Wie eingangs erwähnt, es gibt immer noch diese netten, freundlichen, hilfsbereiten und interessierten Menschen. Aber es scheint, daß Regierung und Ausländerpolizei (Immigration) am liebsten alle Ausländer rausschmeißen würden, weil die nicht so leicht für dumm zu verkaufen sind wie die meisten Thais.

Für mich hat Thailand noch immer zwei Vorteile, die mich bisher daran hindern, mir ernsthaft Gedanken über ein Abwandern zu machen: Die wirklich günstige staatliche Sozialversicherung, in die ich durch mein Arbeiten in Thailand reingekommen bin und die Tatsache, daß ich mit meinen Sprachkenntnissen mich überall zurechtfinden oder wenigstens durchfragen kann. Gleichwohl, der emotionale Abstand zu Deutschland wird immer geringer. Und das beunruhigt mich zunehmend.

Einen kritischen Artikel zur Situation von westlichen Ausländern in Thailand gibt es auch hier. Der Artikel ist von 2012 und von einem Deutschen mit mehrjähriger Thailand-Erfahrung geschrieben. WAS er beschreibt, das kann ich nur bestätigen, aber andererseits sagt er auch ganz klar, daß das nur die eine Seite der Medaille ist, eben die weniger schöne.

Nachtrag Mitte 2022:

Inzwischen ist die Kontrolle oder Drangsalierung der Ausländer wieder zurückgeschraubt worden. Weil es nur noch so wenige gibt? Wohl eher, weil die Ausländer und vor allen Ihr Geld im Staatshaushalt fehlt. Von der erwähnten Datenbank des Kriegsministers ist nichts mehr zu hören, die GPS-Armbänder sind auch Geschichte und die Meldungen auf der Ausländerpolizei, sobald man 24 Stunden oder länger an einem anderen Ort ist, die fallen auch weg, sagte mir die Immigration (Ausländerpolizei). Dafür ist - noch - die Erteilung eines Visums komplizierter geworden,- sofern man nicht über einen "Agenten" das Rentner-Visum machen läßt. Der ist in der Regel ein Familienmitglied eines Immigration Offiziers, genau. Kostet mehr, geht aber reibungsloser, und sollte eigentlich unnötig sein. Bernhard Trink (siehe unter "Eindrücke") sagte zu so was: "TIT - This is Thailand". Aber über den Agenten ist es eben ohne Zeitaufwand und Rumrennerei.

Und hier geht es weiter: Eine zweite Meinung


email an Senior-in-Thailand.de